Kawaii Mania

Flausch und Schrecken: Sieben Fragen an den Maskottchen-Experten

Andreas Neuenkirchen beschäftigt sich in Kawaii Mania damit, warum in Japan alles kawaii, also süß, sein muss. Dafür betrachtet er die verschiedensten Formen des Lifestyle-Trends – für die CONBOOK Stories hat er sich mit einem Maskottchen-Experten unterhalten.


An dieser Stelle wollte ich über Japans kunterbunte Maskottchen-Kultur schreiben. Nur mag mir partout nicht einfallen, was ich in dieser Sache meinem Buch Kawaii Mania noch hinzuzufügen hätte. Also lass ich lieber den Mann zu Wort kommen, dem zu Maskottchen immer etwas einfällt: Chris Carlier, ein Brite in Tokio, betreibt den Blog mondomascots.com und steuerte die allermeisten Fotos für das Kawaii-Mania-Kapitel »Krieg der Maskottchen« bei.

Wie hat das mit deiner Leidenschaft für Maskottchen angefangen?

Als Illustrator habe ich schon immer gerne sonderbare Figuren gezeichnet. Als ich in Japan ankam, fand ich es wunderbar, dass man hier an jeder Ecke welchen begegnet. Vor ein paar Jahren bin ich in einen Maskottchen-Kongress geraten, wo Hunderte von denen herumwuselten. Ich habe es geliebt und fortan solche Veranstaltungen regelmäßig besucht. Dabei habe ich Fotos gemacht und sie online veröffentlicht.

Welches war das seltsamste Maskottchen, das dir je begegnet ist?

Wahrscheinlich Kan-chan, das Maskottchen von Ichijiku Pharmaceuticals; eine Firma, die Klistiere und Abführmittel herstellt. Kan-chan ist eine Kombination aus einer Feige und einem Klistier, mit dem Gesicht und den Füßen eines Pinguins.

Gibt es ein Maskottchen, das dir Angst einjagt?

Melon Kuma aus Yubari ist ziemlich gruselig. Es ist eine Mischung aus einem wütenden Bären und einer Melone mit scharfen Zähnen und Klauen. Es sieht aus, als wäre es aus einem Genlabor entflohen, und es greift bei Veranstaltungen schon mal andere Maskottchen an.

Einige Nicht-Japaner, mit denen ich über das Thema von Kawaii Mania gesprochen habe, haben sich sehr kritisch darüber geäußert, dass hier auch Institutionen wie öffentliche Ämter und die Polizei von niedlichen Figuren vertreten werden. Wie siehst du das?

Japan hat eine niedrige Kriminalitätsrate, da haben die Vertreter von Polizei und Gefängnissen wohl mehr Zeit und Geld, um sich um Dinge wie Maskottchen zu kümmern. Ich bin mir nicht sicher, ob die niedrige Kriminalitätsrate mit ihnen zu tun hat, aber sie machen die Polizei ansprechender für Kinder. Vielleicht wächst sich das im Alter zu einer gesteigerten Gesetzestreue aus.

Bei den Popularitätswettbewerben der Lokalmaskottchen kam es immer wieder zu Skandalen um manipulierte Wahlergebnisse. Können wir diesen Wettbewerben überhaupt noch trauen?

Der größte jährliche Wettbewerb, der Yuruchara Grand Prix, war letztes Jahr in die Schlagzeilen geraten, als eher unbekannte Maskottchen verdächtig viele Stimmen bekamen, weil ihre Hintermänner über gefälschte Online-Accounts öfter abstimmten, als es gestattet war. Dieser Wettbewerb sagt ohnehin nicht viel über die wirkliche Popularität von Maskottchen aus, und er findet im nächsten Jahr zum letzten Mal statt. Bessere Gradmesser sind der Verkauf von Merchandising-Artikeln und die Häufigkeit von TV-Auftritten.

Maskottchen gibt es in Japan zwar schon seit einiger Zeit, aber der ganz große Boom kam erst in den letzten Jahren. Wie siehst du die Zukunft der Maskottchen-Kultur?

Der Boom scheint sich dem Ende zuzuneigen, weil inzwischen jeder Ort und jede Firma ein Maskottchen hat und einfach nicht mehr viele neue dazukommen. Die vorhandenen allerdings führen sich immer bizarrer auf, um im Gespräch zu bleiben, was unterhaltsam mitzuverfolgen ist. Ich glaube, immer mehr Maskottchen werden als YouTuber in Erscheinung treten oder auf andere Social-Media-Kanäle zurückgreifen, um relevant zu bleiben.

Du hattest einmal erwähnt, dass du selbst an einem Buch zum Thema schreibst. Wie ist es darum bestellt?

Ich bin mit dem Schreiben halb fertig und habe Hunderte von Fotos. Ich hoffe, dass es 2020 veröffentlicht wird!


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Der Autor

Andreas Neuenkirchen

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