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Wetterfest und mit Gemütsruhe auf das Ende des Sturms warten

Das gemeinsame Buch von Anke und Frank Nussbücker, der Fettnäpfchenführer Ostsee, war fast druckfertig, da kamen die ersten Nachrichten über ein seltsames Virus, das auf einem Wildtier-Markt in Fernost auf Menschen übergesprungen war. Dieses neuartige, oft sogar tödliche Virus breitete sich so rasch auf der ganzen Welt aus, wie Flugzeuge oder Kreuzfahrtschiffe den Ozean überqueren. Für unsere CONBOOK Stories erzählt das ostdeutsche Autoren- und Ehepaar, wie sich der Beginn einer neuen Epoche auf ihre Arbeitsbedingungen auswirkte.


Wir dachten gerade darüber nach, ob wir auch noch in Rostock oder Greifswald eine Lesung organisieren sollten. Für einen Reiseknigge, der an der Ostsee spielt, läge es nahe, unser bald erscheinendes Buch in öffentlichen Lesungen zu präsentieren. Das Selbstverständliche wurde plötzlich unmöglich. Regelmäßige Lesereihen und Erzählsalons wurden abgesagt, rückten in weite Ferne.

Dann ging alles ganz schnell. Im März 2020 wurden sämtliche Grenzen um die Bundesrepublik geschlossen. Unser Buch wird dieses Jahr nicht produziert, lautete die nächste Hiobsbotschaft. Denn noch nicht einmal an die Ostsee durften die Bundesbürger im Frühling 2020 fahren.

Aber ist deshalb nun alles nicht mehr wahr?

»Nee, oder?« meinte auch der Literaturagent, der uns an CONBOOK vermittelte.

Einmal Ostsee, immer Ostsee

Denn die Ostsee ist immer eine Reise wert. Das war schon zu DDR-Zeiten so. Heller Sand, blaues Meer. Als Kinder vermissten wir in diesen Jahren nichts. Und auch nach dem Fall der Mauer zog es uns – inzwischen ein Autorenpaar – nach einigen Ausflügen in die weite Welt beinahe in jedem Jahr mindestens einmal an die Ostseeküste. Unsere Hochzeitsreise führte uns nach Hiddensee.

Als wir den Auftrag erhielten, besagten Fettnäpfchenführer zu schreiben, einen Reiseführer der besonderen Art, wurde gerade die »Planetary Health Diet« – eine Diät für die Gesundheit des Planeten Erde –  ins Leben gerufen. Die Grenzen für das Wirtschaftswachstum auf der Erde waren spätestens im Jahr 2019 überschritten. 37 Expertinnen und Experten aus 16 Ländern, darunter Klimaforscher und Ernährungswissenschaftler, entwickelten deshalb Richtwerte für eine maßhaltende Welternährung, die die Gesundheit aller Menschen fördert und zugleich die planetaren Grenzen respektiert. Darüber schrieb ich, Anke, gerade einen Zeitungsartikel und war in meine Berechnungen über Proteine aus der Pflanzenwelt vertieft, als mein Ehemann mit mir die Konzeption unseres Fettnäpfchenführers durchsprechen wollte. Denn die Handlung des ganzen Buches war eben keine Banalität, wie CONBOOK-Verleger Matthias Walter anmahnte.

Nochmal eben schnell die Welt retten, bevor es gedanklich auf die Reise geht. Das fand ich nach dem trockenen Sommer 2019 zunächst dringender. Und schon hatten wir als Autorenpaar den ersten Streit, der sich in dem Kapitel über gesunde Mitbringsel, Natur-Seife und Souvenirs in Bio-Qualität widerspiegelt.

Flitterwochen an der See

Das Urlaubsdomizil Ostsee mit seinen Naturschutzgebieten zu bewahren, das möchte unsere Heldin aus dem Ruhrpott. Sie ist zwar weitgereist, aber eben noch nie an die Ostseeküste. Unser Held, ein ehemaliger Ossi, der die Ostsee vermeintlich wie seine Westentasche kennt, stolpert trotzdem in einige Fettnäpfchen. Aber kommt es zu einer Verstimmung in ihren Ostseeferien? Nein, die beiden sollen heiraten, und das ist selbstverständlich eine Überraschung. Wie geht das an? Nun, deshalb erfanden wir eine Zwillingsschwester.

Die Inspiration zum Hochzeitskleid erhielten wir von Ankes Cousine, die in jenem September heiratete, als wir voll in der Arbeit am Buch steckten.

Spontane Flitterwochen auf Hiddensee erschienen uns als ein Muss! Gerade, weil ein Fettnäpfchen darin besteht, völlig unangemeldet hier aufzukreuzen. An der Ostsee ist es mitunter üblich, ein ganzes Jahr im Voraus zu buchen. Zumindest wenn es das besondere Quartier vom letzten Jahr sein soll. Mit etwas Glück kann man aber auch wenige Wochen vor Reisebeginn noch ein lauschiges Plätzchen finden. Im Falle unserer beiden Frischvermählten hilft ein alter Freund, mit dem unser Held schon in Kindertagen Sandburgen am Ostseestrand baute. Jener Freund bewahrt die Helden zudem vor so manchem Fettnäpfchen und strahlt selbst in brenzlichen Situationen stets die norddeutsche Gemütsruhe aus.

Wo die »Ostseewellen an ’n Strand trecken«, ist man enger mit der Natur verbunden. Dazu gehört auch die zerstörerische Kraft von hohen Wellen und Sturmfluten.

Zu solchen Zeiten lässt man Boot oder Schiff in einer windgeschützten Bucht. Man wartet jede Sturmwelle oder auch »Erkrankungswelle« mit Seelenruhe am Ufer ab, bevor man wieder in See sticht wie früher die Fischer und Händler. Eben das macht auch die Wesenszüge und den Charakter der »Nordlichter« aus, die heute an der deutschen Ostseeküste leben. »Dat duurt aal’n büschen länger« ist oft ein lebensrettendes Motto. Auch und gerade, wenn man sich an der Ostsee das Jawort geben will. Nichts strahlt mehr Zuversicht aus als eine Hochzeit an der See.

Mit Geduld kommt man auch an der Ostseeküste gut an. Nicht ins Fettnäpfchen zu treten heißt im Grunde nichts anderes als ein gutes Miteinander zwischen den Gastgebern und den Reisenden – und davon brauchen wir seit Corona ein ordentliches Quantum mehr.

 

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Der Fettnäpfchenführer Ostsee ist Teil unserer beliebten Kulturknigge-Reihe, die inzwischen mehr als 40 Ziele umfasst. Weitere Hintergrundinfos finden Sie in diesem Interview mit Matthias Walter.


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