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Verlieren wir den Schweinswal, bevor ihn jeder kennt?

Ein bedrohter Naturschatz in Deutschland

Im Jahr 2020 wurde der Zustand von rund 130.000 Tier- und Pflanzenarten von der International Union for Conservation of Nature (IUCN) kategorisiert und mehr als 32.000 (rund 20 Prozent) dieser Arten als vom Aussterben bedroht eingestuft. Der Schweinswal, die einzige bei uns in Deutschland lebende und streng geschützte Walart, steht derzeit weit  oben auf der Roten Liste. Jedes Jahr kommen die Schweinswale in der Ost- und Nordsee zu Hunderten ums Leben. Haupt-Todesursache: Fischernetze. Die Whale and Dolphin Conservation (WDC) und In Deutschland um die Welt-Autorin Franziska Consolati möchten in diesem Gastbeitrag für unsere CONBOOK Stories auf diesen bedrohten Naturschatz aufmerksam machen.


Zweifellos ist jede einzelne Tierart, jede einzelne Pflanzenart von Bedeutung: Beim Artenschutz geht es vor allem um den Erhalt möglichst vieler verschiedener Spezies – Biodiversität ist das Schlüsselwort. Über die letzten zwanzig Jahre ist uns bei WDC jedoch besonders das Schicksal der Schweinswale ans Herz gegangen. Der Schweinswal gehört mit einer Körperlänge bis 1,80 Metern zu den kleinsten Walen, allerdings ist er auch besonders flink und zählt damit zu den erfolgreichsten Jägern unter den Meeressäugern.

Der Gewöhnliche Schweinswal kommt sowohl in der Nord- als auch in der Ostsee vor und lebt dort in unterschiedlich großen Populationen. Die weltweite Population der Schweinswale wird auf rund 700.000 Individuen geschätzt, doch jährlich sterben Tausende von ihnen. Die Haupttodesursache ist der sogenannte Beifang (also der Tod in Fischernetzen). Der Skandal: Stellnetzfischerei ist sogar in ausgewiesenen Schutzgebieten erlaubt!

WDC hat deshalb im vergangenen Jahr bei der EU-Kommission Notfallmaßnahmen beantragt, um den Beifang der Schweinswale in den Netzen der Ostsee-Fischer*innen zu verhindern. Unter anderem fordert WDC, dass die Stellnetze aus Schutzgebieten verbannt werden. 

Aber auch die Meeresverschmutzung, Unterwasserlärm, militärische Aktivitäten unter Wasser, Überfischung, fehlende Ruhezonen sowie der Klimawandel machen den kleinen Walen stark zu schaffen. Die Population in der zentralen Ostsee ist in den letzten Jahrzehnten stark geschrumpft und wird auf nur noch rund 500 Individuen geschätzt.

Stirbt die einzige bei uns heimische Walart aus, noch bevor sie jeder kennt?

Erstaunlich ist immer wieder, wie wenige Menschen den Schweinswal überhaupt kennen – geschweige denn wissen, dass man ihn in deutschen Gewässern beobachten kann und er ohne weiteres sozusagen unser »marines Wappentier« sein könnte: so, wie man Orcas mit Kanada, Narwale mit der Arktis oder Blauwale mit der Antarktis verbindet. Darauf möchte auch Autorin Franziska Consolati in ihrem neuen Buch In Deutschland um die Welt aufmerksam machen: Sie berichtet über längst vergessene Sehenswürdigkeiten und unbekannte Naturschätze in Deutschland – außerdem widmet sie die letzte Seite ihres Buches WDC und dem Schweinswalschutz.

Doch wieso sind Buckelwale oder Tümmler fast jeder und jedem ein Begriff, aber Schweinswale eher unbekannt? Liegt es an ihrem unauffälligen Verhalten, das sich vorwiegend unter Wasser abspielt? Schweinswale zu beobachten ist mit Glück verbunden – nur für Sekunden tauchen die Tiere zum Atmen auf und verschwinden dann wieder unter der Wasseroberfläche.

WDC-Meeresbiologe Fabian Ritter zeigt uns die Welt der Schweinswale

Fabian Ritter, der bei WDC die aktuelle Kampagne »Rettet die Schweinswale: Stellnetze raus aus Schutzgebieten!« leitet, konnte die scheuen Wale mit seiner Drohne vor Dänemark filmen. Die besonders schönen und seltenen Schweinswalaufnahmen aus der Luft hat er in einem Video zusammengefasst und verhaltensbiologisch kommentiert:

Es ist höchst faszinierend, was die Schweinswale so treiben – ein gänzlich neuer Einblick in ihre Welt! Mit den Aufnahmen und der Kampagne zum Schutz der Schweinswale versucht WDC, so viele Menschen wie möglich für die kleinen Wale zu begeistern. Denn jede einzelne Stimme aus der Bevölkerung ist für den Kampagnenerfolg und WDCs Forderung an das Bundeslandwirtschaftsministerium, die Stellnetzfischerei aus Meeresschutzgebieten zu verbannen, enorm wichtig!

So können Sie helfen:

  • Bitte unterzeichnen und teilen Sie die Petition »Stellnetze raus aus Schutzgebieten!«.
  • Nutzen Sie das Bildmaterial für Social Media von WDC, um in ihrem Netzwerk auf die Kampagne hinzuweisen und verlinken Sie Frau Klöckner dabei. Je mehr Kritik die Ministerin für ihre Meeresschutz-Politik erfährt, desto besser.
  • Geben Sie den Schweinswalen Ihre Stimme: Senden Sie WDC eine WhatsApp-Sprachnachricht an 089 6100 23 93 und fordern Sie Frau Klöckner direkt auf, Schweinswale zu schützen. In dem Kampagnen-Aktionspaket finden Sie entsprechende Textvorschläge zum Ablesen (Ihre Nachricht kommt bei WDC im Büro an und wird nur mit Ihrer Zustimmung weitergeleitet).
  • Informieren Sie sich über die Hintergründe und die Missstände in der Meeresschutz-Politik, um im Gespräch mit Bekannten aber auch für die Bundestagswahl 2021 gewappnet zu sein. In einem Factsheet hat WDC für Sie die wichtigsten Punkte zusammengefasst.

Unterstützen Sie die Arbeit von WDC mit einer Spende oder übernehmen Sie eine Meeresschutz-Patenschaft.

Weitere Aktionen und Kooperationen für die Kampagne, die noch bis zur Bundestagswahl im September läuft, sind in Vorbereitung. Alle Informationen finden Sie unter whales.org/stellnetze-raus.

 

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Whale and Dolphin Conservation (WDC) ist die weltweit führende gemein­nützige Organi­sation, die sich ausschließlich dem Schutz von Walen und Delfinen widmet. Unsere Vision: Eine Welt, in der alle Wale und Delfine in Freiheit und Sicherheit leben.

Im Rahmen von Kampagnen, politischer Überzeugungsarbeit, Bildung, Beratung, Forschung, Rettungs- und Schutzprojekten sowie Mitmach-Aktionen verteidigt WDC Wale und Delfine gegen die zahlreichen Gefahren, denen sie heute ausgesetzt sind. Das kommt auch dem Klima zugute, da Wale unsere Verbündeten im Kampf gegen den Klimawandel sind und eine wichtige Rolle im Ökosystem Meer spielen.

WDC-Expert*innen arbeiten in nationalen, europäischen und internationalen Arbeitsgruppen, sind in allen relevanten internationalen Foren vertreten und haben direkten Einfluss auf maßgebliche Entscheidungen zur Zukunft von Walen und Delfinen.

WDC arbeitet als gemeinnützig anerkannte Körperschaft politisch unabhängig und finanziert sich über Spenden und Stiftungsmittel.

Mehr Infos unter www.whales.org


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