Marcus S. Kleiner

(© Krischerfotografie)

Marcus S. Kleiner ist Professor für Kommunikationswissenschaft an der SRH Berlin University of Applied Sciences und Publizist. Als Medienexperte tritt er regelmäßig in Fernsehen, Radio und Print auf. Die Bild-Zeitung betitelte ihn als »den vielleicht lässigsten Wissenschaftler des Landes«. Nachdem er in seinem letzten Buch Streamland den Streamingkonsum der Deutschen analysierte, blickt er nun ganz analog in 151 Momentaufnahmen auf Selbstbild und Außenwahrnehmung der Republik. Kleiner reist am liebsten an Orte mit intensiver Atmosphäre und lebt in Duisburg und Berlin.

www.instagram.com/marcus.s.kleiner

https://medienkulturanalyse.de

Bei CONBOOK erschienen

Interview

Vollständiger Name mit allen Vornamen: Marcus Stephan Kleiner

Geburtsjahr und Geburtsort: 1973, Willich

Warum sind Sie Autor geworden?

Ich möchte meine Leser*innen mitnehmen auf meine Gedankenreise zu den Themen, die mich faszinieren und begeistern, aber auch zu den Themen, die ich kritisch betrachte. Mit dem Wunsch, dass wir miteinander ins Gespräch kommen und zusammen auf die Reise gehen. Von Buch zu Buch. Immer wieder von Neuem. Besonders freue ich mich aber darauf, meinen Leser*innen bei Veranstaltungen persönlich zu begegnen, mich mit ihnen auszutauschen und dabei unmittelbar zu erleben, was meine Texte für Gedanken auslösen. Genauso freue ich mich über die Reaktion in den sozialen Medien, um auch auf diesem Weg zu erfahren, wie die Leser*innen meine Texte wahrnehmen.

Was empfinden Sie am Reisen als lohnenswert?

Mich begeistert die Horizonterweiterung, die durch die Begegnung mit Menschen und Kulturen eintritt. Diese Erfahrung hilft mir auch immer wieder dabei, mich auf jeder Reise besser und anders kennenzulernen. Im besten Fall tritt dann eine Horizontverschmelzung ein, aus der ich verändert hervorgehe. Mir bereitet es aber auch große Freude, andere mit auf meine Reisen zu nehmen: z. B. während der Reise in den sozialen Medien oder nach der Reise durch gemeinsame Reiseerzählabende, die ich seit meiner Jugend mit meiner Familie und meinen Freund*innen veranstalte.

Ein besonderes Reiseerlebnis meiner Jugend möchte ich hier teilen, das v. a. die Fußballfans amüsieren könnte. Alle, die sich für einen ausführlicheren Reisebericht interessieren, können diesen in der zweiten Folge (»Das Leben schreibt Figuren«) unseres Podcast »Nix für Umme – aus dem Leben dreier Kreativschaffender« (Spotify & Co.) nachhören. Ich habe seit meiner Jugend eine besondere Verbindung zu Zugreisen. Beruflich war ich vor der Corona-Pandemie sehr viel unterwegs und Stammgast im Bordbistro der Deutschen Bahn. Kulinarisch kein Highlight. Als Kind bin ich ganz wenig Zug gefahren. Ich kann mich nicht mal an eine einzige Zugfahrt erinnern. Als Kind der frühen 1970er Jahre war die Überlandsmobilität Autosache: ob im Alltag oder mit Blick auf den Urlaub. Im Rückspiegel – eine Zeit unendlicher Langsamkeit, eine Kaugummi-Ich-Zeit.

Das erste einprägsame und zugleich absurd-abenteuerliche Zugerlebnis fand 1990 statt und ging gleich vier Wochen durch halb Europa mit einem Interrail-Tickets (Gibt’s das heute eigentlich noch?), lange für dem so ermüdenden Instagram-Tourismus. Die Reise begann am 8. Juli 1990 und führte über Rom: Allerdings erreichten wir Rom erst am 9. Juli. Für alle, die es nicht mehr wissen, am 8. Juli fand das Endspiel der Fußball-WM in Rom statt, Deutschland gewann 1:0 gegen Argentinien, das Siegestor schoss Andi Brehme in der 85 Minute nach einem Foulelfmeter. In Deutschland sahen 24,67 Millionen Zuschauer das Spiel in der ARD, und wir waren auf Europa-Tour in einem Zug, in dem so gut wie niemand Interesse an diesem Spiel hatte und niemand das Spiel sehen konnte. Nur immer wieder abbrechende Radiosender, die von Landesgrenze zu Landesgrenze die Sprache wechselten, ließen Informationsfragmente durch den Zug wandern. Das Endspiel wurde so zu einer rollenden Abenteuergeschichte, bei der wir erst durch die Zeitungen am Hauptbahnhof von Rom erfahren haben, wer Weltmeister geworden ist.

Diese vierwöchige Reise durch Europa mit dem Interrail-Ticket hat das Zugfahren mit einer spezifischen – angenehmen und unangenehmen – Atmosphäre versehen, die bis heute anhält, auch wenn sie heute eher noch ein Hintergrundrauschen ist. Filme, wie die verschiedenen Verfilmungen von »Mord im Orient-Express«, die uns auf mondäne Zugreisen des vergangenen Jahrhunderte entführen, über so aber immer wieder eine besondere Anziehung auf mich aus. Vielleicht sollte ich nach der Corona-Pandemie doch mal eine Orient-Express-Reise buchen …

Welcher ist für Sie der schönste Platz der Welt?

Ich bin kein Listen-Typ. Den schönsten Ort der Welt gibt es daher für mich nicht. Das, was ich schön finde, ändert sich immer wieder. Kennen Sie das auch, dass z. B. Orte, an die Sie mit Ihren Ex-Partner*innen gereist sind und die vor Glück gestrahlt haben, nach der Trennung schmerzvolle, traurige und dunkle Orte geworden sind? Für mich gibt es keine Orte, die sich in meiner Wahrnehmung nicht verändern. Orte werden immer, bei jeder Begegnung zu anderen Orten – zumindest für mich.

Alle Orte, an denen ich mich befinde und zu denen ich reise, sind zudem mit Atmosphären verbunden, durch die ich diese Orte primär erlebe und mich nur durch sie an den jeweiligen Orten wohlfühlen kann. Das atmosphärische Gegenteil ist auch immer möglich. Es gibt zu viele dieser atmosphärisch intensiven Orte für mich, dass ich mich nicht auf einen Ort festlegen möchte. Vielleicht schreibe ich aber einmal ein Reisebuch dieser Atmosphären. Reisen nur aus der Perspektive der atmosphärischen Wahrnehmung und der gestimmten Befindlichkeiten ...

Welches kulturelle Missverständnis nagt noch immer an Ihnen?

Mallorca ist nicht das 17. Bundesland :-)

Wohin geht Ihre Reise in der Zukunft?

Ich möchte unbedingt, sobald es wieder geht, einerseits nach Norwegen und Schottland, nacheinander in einer Reise. Und genauso möchte ich einen längeren Zwischenstopp auf Island einlegen, bevor ich weiter nach Kanada reise, weil ich in beiden Ländern noch nie war und es schon so lange möchte.

Stories

Deutschland 151 (Leseprobe)

Ein Prolog

© istockphoto.com/Luciano Mortula

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