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Das Reisen und die Liebe

Nic Jordan über Beziehungen auf Distanz

Nach vier Jahren Dating, Kurzbeziehungen und viel Liebesstress (welcher aufs Reisen zurückzuführen war), beschließt die Weltenbummlerin Nic Jordan eine Pause einzulegen und sich auf ihr eigenes Leben zu konzentrieren. Immer wieder musste sie Beziehungen frühzeitig beenden, denn nicht jeder kam mit einer um die Welt reisenden Freundin zurecht. Für unsere CONBOOK Stories hat die aWay-Autorin aufgeschrieben, wie sie mit der Liebe auf Distanz zurechtkommt, wie sie jetzt doch den passenden Partner gefunden hat und wieso Fernbeziehungen manchmal sogar schöner sind als eine normale Beziehung.

 

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Die meisten Menschen brechen auf, weil ihnen das Herz gebrochen wurde. Reisen heilt und vor allem verbindet das Reisen auch. Man trifft ständig neue Menschen aus der ganzen Welt. Viele Bekanntschaften sind flüchtig, manche bleiben ... oder die meisten sind eher flüchtig und die wenigsten bleiben. Schnell merkt man, dass das Flirten auf Reisen einem wesentlich leichter fällt. Denn jeder ist auf dem Kurs und wenn man seiner Freiheit hinterherjagt, will man sich nicht an etwas ketten. Besonders nicht an etwas, das einen unbeweglich macht.

Ist Liebe eine Illusion?

Doch was passiert mit denen von uns, die ständig reisen und für die es nicht nur eine kurze Phase ist? Diejenigen, für die neue Umgebungen, das Hostellife und ständig wechselnde Freundeskreise Alltag sind? Ich bin einer dieser Menschen. Und glaubt mir, wenn ich euch sage, dass sich wahre Liebe irgendwann wie eine Illusion mit dem Namen »too complicated« anfühlt.

Immer wieder kommt man an den Punkt Lebewohl zu sagen, denn die gemeinsame Zeit war meist zu kurz, um die Pläne füreinander umzukrempeln. Oder das Gegenüber kann sich eine Beziehung auf Distanz nicht vorstellen.

Tausche Freund gegen Backpack

Für mich war Liebe aus der Ferne nie ein Problem. Die meisten meiner Exfreunde mussten sich daran gewöhnen, dass ich sie irgendwann, eher früher als später, wieder gegen meinen Backpack eintauschen würde. Manchmal waren es nur Tage oder Wochen, aber hin und wieder eben auch Monate, in denen ich der Freiheit hinterherjagte.

Nach vielen gescheiterten Versuchen, eine Beziehung zu führen und mich zu verbiegen, nach Jahren des Kämpfens gegen die Einsamkeit und manchmal des Suchens nach der Einsamkeit, beschloss ich mich aus der Travel Dating Welt zurückzuziehen. Ich wollte alleine komplett sein und nicht mehr die Trümmer anderer aufsammeln.

Meine Reise nach Indien hat meinem Selbstfindungsprozess natürlich auf die Sprünge geholfen. Rechtzeitig als Corona die Weltherrschaft an sich riss, kam ich wieder in Australien an und war überzeugt, dass ich für immer glücklich Single bleiben würde.

Ein paar Wochen hielt das auch an: An Valentinstag beschenkte ich mich sogar selbst und schwor auf Selbstliebe.

Einfach zusammen

Doch dann, als ein paar Wochen später der Lockdown in vollem Gange war, haben mich zwei blaue Augen aus Schweden schnell vom Gegenteil überzeugen können. Er, wesentlich jünger als ich, hat mich mit seiner entspannten, leicht kühlen skandinavischen Art direkt in den Bann gezogen. Da traf es sich gut, dass wir nach einer sechsmonatigen Urlaubsromanze »ohne Zukunft« zur gleichen Zeit zurück nach Europa flogen. Wir wussten beide, dass hier nicht Schluss sein konnte, doch leider ist Europa groß und von München nach Göteborg ist kein Katzensprung.

Ich ahnte eine Wiederholung meiner letzten Versuche, eine Fernbeziehung zu führen, und verabschiedete mich fast von dem Gedanken. Aber diesmal kam es anders, denn mein Selbstfindungstrip in Indien hat mir tatsächlich Selbstliebe mitgegeben und somit schleppte ich kaum Unsicherheiten und Eifersucht in die Beziehung. Abgesehen davon waren wir diesmal beide Reisende, die beide das Gleiche wollten: Einfach zusammen dem Ruf der Freiheit folgen. »Einfach zusammen«, wie schön das klingt. Es geht nämlich auch einfach.

Warum es trotzdem klappt

Fernbeziehungen können ein Albtraum sein, wenn einem Vertrauen, Selbstbewusstsein, Selbstliebe und vor allem Kommunikation fehlen. Noch schlimmer sind die Paare, in denen nur ein Teil überhaupt eine Beziehung möchte.  

Warum es bei uns trotzdem funktioniert hat? Wir haben festgestellt, dass unsere Leben ohneeinander schon komplett waren; wir uns deshalb in der Distanz nicht immer vermisst haben. Viele würden denken, dass es ein schlechtes Zeichen ist, doch für uns war es das beste Zeichen. Die Vorfreude war trotz allem immer riesig, wenn wir uns endlich sehen konnten, und wir genossen unsere gemeinsame Zeit umso mehr. Wir machten uns nie voneinander abhängig, weder unsere Launen noch irgendwelche Pläne wurden erzwungen. Alles verlief in einem natürlichen Flow. Statt täglich zu texten, telefonierten wir lieber alle zwei bis drei Tage, so sind auch keine Missverständnisse entstanden und wir hatten genug Freiraum, unser eigenes Leben zu pflegen.

Mittlerweile leben meine liebsten blauen Augen aus Schweden und ich in einem Caravan und bereisen von nun an die Welt gemeinsam. Wir freuen uns immer noch jedes Mal, wenn wir unsere Zeit auch getrennt verbringen können, denn wir wollen nie vergessen, dass wir allein, ganz ohneeinander, auch schon komplett sind.

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Sie wollen mehr über Nic Jordan erfahren? Hier geht es zu ihrem Buch aWay.


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Die Autorin

Nic Jordan

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Eine Reise durch Deutschland